Zu Besuch bei unseren unbekannten Nachbarn
In Dänemark haben wohl viele aus unserer Region ihren Urlaub verbracht. Man erinnert sich an weite Strände, ungezwungenes Leben und kinderfreundliche Menschen. Dass aber Dänemark so viel mehr ist als nur Sonne und Strand, konnten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer „Kultourfahrt“ nach Dänemark, die von den Machern organisiert worden war, feststellen.
Vielen Teilnehmern der Reise bleibt das dänische Wattenmeer, das als erstes angesteuert wurde, durch den stürmischen Wind und die Seeadler, die hier nisten, in Erinnerung. Es gehört zum UNESCO-Weltnaturerbe und ist ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems. Schon früher als viele andere Länder hast sich Dänemark für den Schutz der Umwelt eingesetzt. Beispielsweise kann die Steuer für ein neu gekauftes Auto bis zu 150 % betragen, je nach dem Kaufwert des Autos. Man sieht wenige SUVs auf den Straßen. Es überwiegen kleine Autos. Besonders gefördert wird der Fahrradverkehr. Breite Straßen werden oft für Radfahrer freigehalten; es gibt sogar eigene Brücken für den Radverkehr.
In Odense, der drittgrößten Stadt Dänemarks, lag das Hotel, das die Gruppe für die nächsten Tage beherbergte. Odense ist geprägt vor allem durch den Dichter Hans Christian Andersen. Viele Gebäude sind nach ihm benannt, ein großes Museum, das nur aus runden Formen besteht, ist ihm gewidmet. Viele Kunstwerke in der Stadt erinnern an Figuren aus Andersens Märchen.
Aber die Dänen sind auch kreativ, was alte Gebäude angeht. Ein gelungenes Beispiel, wie Tradition und Moderne verbunden werden können, ist die Festung Koldinghus, die im Mittelalter an der Grenze zu Deutschland lag. Die im 19. Jahrhundert abgebrannt Festung wurde im 20. Jahrhundert restauriert. Neue Gebäudeteile umgeben die verbliebenen Ruinen. Dieses Zusammenspiel von Ruinen und umgebender oder eingezogener moderner Architektur führt dazu, dass die Festung ein begehrter Ort für Konzerte und Feste jeglicher Art ist. Der Rundgang führt durch historische Säle und Kirchenbauten auf den Schlossturm mit Aussichtsplattform, von dem ein eindrucksvoller Blick auf Kolding möglich ist.
Überraschendes erlebte die Gruppe am Nachmittag: Weinanbau in Dänemark. Mit großem Engagement, viel Herzblut und Experimentierfreude produziert der Winzer Nicolai einen sehr guten Wein, der schon internationale Anerkennung gefunden hat.
Der Höhepunkt für viele Reisende war wohl der Besuch auf Schloss Egeskov. Nicht genug, dass das imposante Wasserschloss in großen Teilen besichtigt werden kann, in den alten Stallungen finden sich Ausstellungen, die in dieser Vielfalt und Fülle nur selten zu sehen sind. Das Oldtimer-Museum beherbergt eine vielfältige Sammlung historischer Autos, Flugzeuge und Motorräder aus der über mehrere Generationen zusammengetragenen Sammlung der gräflichen Familie. Nicht nur die Geschichte des Autos, Fahrrads oder Motorrads kann erlebt werden, man sieht auch Überraschendes, so etwa ein Elektroauto aus dem 19. Jahrhundert oder ein E-Bike, das um 1900 gebaut wurde. Im Schloss findet sich u.a. ein Puppenhaus, Titanias Palast. In 15 Jahren baute es der damalige Besitzer für seine Tochter. Es enthält über 3000 Einrichtungsgegenstände.
Der vorletzte Tag war der Hauptstadt Kopenhagen vorbehalten. Der Schlossplatz des Schlosses Amalienborg wurde für einen großen Straßenlauf, den „Royal Run“, an dem Menschen jeden Alters und Fitnesszustandes teilnehmen, benötigt. Die Wachablösung am Schloss geriet fast zur Nebensache, macht aber deutlich, dass die Dänen trotz aller Tradition wenig Wert auf Prunk und Protzerei legen. Sie überzeugen eher mit kreativen, innovativen Gedanken. Besonders anschaulich wird das an der Müllverbrennungsanlage am Rande von Kopenhagen. Sie ist ein Meisterwerk moderner Architektur. Von der Spitze kann man sich auf einer künstlichen Skipiste den Hang hinunterstürzen, dort aber auch einen Kaffee trinken oder spazieren gehen.
War’s das? Natürlich nicht. Noch viele weitere Orte und Ereignisse wären zu erwähnen, für die der Platz nicht reicht. Nicht genug zu loben ist die Reiseleiterin. Myrna hatte das Programm im Detail ausgearbeitet und die einzelnen Stationen der Fahrt akribisch geplant. Mit großem Wissen, viel Engagement und Lebensfreude sowie dänischer „Hygge“ (Gemütlichkeit, Gelassenheit) vermittelte sie viele neue Kenntnisse von Dänemark, der Politik, seinen Menschen und deren Lebensstil. Ihre Freude und Liebenswürdigkeit machten die Reise für alle zu einem einmaligen Erlebnis.
Text und Foto: Günter Kannen