Erich Kästner (1899-1974) und Walter Trier, zwei Lebenswege, die sich kreuzten. Zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein konnten: hier der intellektuelle Autor, dort der begnadete Karikaturist. Warum begegneten sie sich? Wer führte sie zusammen? Warum ist der eine unvergessen und der andere fast in der Dunkelheit der Vergangenheit verschwunden?
Anlässlich es 50. Todestages von Erich Kästner (gest. 29. Juli 1974), stellte sich Ingeburg Schömann-Finck im Haus „Die Macher“ der Beantwortung dieser Fragen.
Das Schaffen von Walter Trier ist ohne die 19 Bücher von Erich Kästner, denen er ein Gesicht gab, kaum denkbar. Robert Gernhard schrieb: „Triers Illustrationen zu Kästners Kinderbuchklassikern zählen zu den Ikonen der modernen Buchmalerei – das knallige Gelb und das frische Grün – gegen jeden modischen Trend werden diese Bücher bis heute kaum verändert veröffentlicht.“ (Emil und die Detektive erschien z.B. vor 95 Jahren –1929, Pünktchen und Anton 1931, Das fliegende Klassenzimmer 1933) Und ein anderer schrieb: „Kästners Bücher wären ohne Walter Trier wie ein Haus ohne Innendekoration, ohne Wiese, ohne Blumenbeete.“
Und doch war dies nur eine Episode in seinem Leben. Walter Trier wurde am 25.06.1890 in Prag geboren. Seine Eltern waren Juden. Er wuchs in einer äußerst liberalen und offenen Familie auf und begann schon als Kind zu zeichnen. 1907 ging er nach München, um sich dort zeichnerisch weiterzubilden. Der Ullstein-Verlag erkannte sein Talent und lockte ihn 1910 nach Berlin, wo er 1912 eine Familie gründete. Er zeichnete für den „Simplizissimus“, die Zeitschrift „Jugend“ und die Modezeitschrift „Die Dame“. Verblüffend immer wieder, wie modern noch heute seine Zeichnungen wirken. Alles was er zeichnete hatte eine humorvolle, oft komische Seite, die beim Betrachter immer ein Lächeln hervorzaubert(e). In seinen gesellschaftskritischen Zeichnungen nahm er oft liebenswürdig Partei für die Schwächeren in der Gesellschaft. Ähnlich wie Zille oder Wilhelm Busch war er der „Charlie Chaplin der Zeichner“ berichtet Schömann-Finck. „Man könnte sagen, er hat sein Leben lang ein Lächeln unter die Menschen gestreut.“
Walter Trier arbeitete bis zu seinem Arbeitsverbot 1935 für Zeitungen und Buchverlage, fertigte Entwürfe für Bühnendekorationen und Theaterkostüme, schuf Werbeplakate für Luxusartikel aller Art. „Er beherrschte den Markt“, meint die Referentin Schömann-Finck. Als er 1935 nach London emigrierte war es vor allem seine Große Spielzeugsammlung, die er mitnahm. Sie zeugte vom „Kind im Manne“, das er zeitlebens blieb.
Walter Trier war auch stets ein politisch kritisch denkender und zeichnender Mensch. Schon 1922 hatte er in seinen Zeichnungen vor den Nazis gewarnt. In London traf er schnell Gleichgesinnte und arbeitete von 1937 bis 1949 für die sozialkritische Zeitschrift „Lilliput“. Sebastian Haffner (1907-1999), der schon 1938 nach England emigriert war, engagierte ihn für das Exilblatt „Die Zeitung“, in der er täglich mit spitzer Feder Karikaturen über Nazideutschland veröffentlichte, insgesamt 174. Zudem fertigte er Flugblätter gegen Nazi-Deutschland für die Royal Air Force.
1947 bekam Trier die britische Staatsangehörigkeit, wanderte aber im selben Jahr nach Kanada aus, wo seine einzige Tochter lebte. Am 08.07.1951 erlag er dort einem Herzinfarkt.
In seinem Leben schuf er allein über 2700 Karikaturen für die Presse.
„Ein großer Künstler und ein noch größeres Kind!“ heißt es in einem seiner Nachrufe.
Und was war mit Erich Kästner? Die Verlegerin Edith Jacobsen brachte die zwei unterschiedlichen Charaktere zusammen. Doch es war eine reine Zweckgemeinschaft, eine Arbeitsbeziehung. Erst nach dem Kriege soll so etwas wie eine Freundschaft entstanden sein, meinte Schömann-Finck. Erich Kästner verabschiedete sich von „seinem Zeichner“ mit den Worten „Er liebte die Welt, so arg sie auch sein mochte.“
Text: Mechtild Ottenjann
Foto: Ingeburg Schömann-Finck